ATEX Schutzmaßnahmen

System von Schutzmaßnahmen

Explosionsschutz

Der Explosionsschutz zählt zu den besonders sicherheitsrelevanten Aufgabenbereichen. Im Explosionsfall sind das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer durch unkontrollierte Flammen- und Druckwirkung sowie durch schädliche Reaktionsprodukte und Verbrauch des zum Atmen benötigten Sauerstoffs aus der Umgebungsluft gefährdet. Explosionsgefahren können in allen Unternehmen auftreten, in denen mit brennbaren Substanzen umgegangen wird. Zu diesen Stoffen zählen zahlreiche Einsatzstoffe, Zwischenprodukte, Endprodukte und Reststoffe aus dem alltäglichen Arbeitsprozess. Mit dem Ziel des Verhinderns von Explosionen und des Schutzes gegen Explosionen trifft der Arbeitgeber die der Art des Betriebes entsprechenden technischen und/oder organisatorischen Maßnahmen nach folgender Rangordnung von Grundsätzen:

Anlagentechnische Schutzmaßnahmen ist gegenüber Organisatorischen den Vorrang einzuräumen. Jedoch können (kostengünstige) organisatorische Maßnahmen bereits erheblich zur Verringerung der Explosionsgefahr beitragen. Organisatorische Maßnahmen müssen jedoch konsequent durchgesetzt und die Einhaltung regelmäßig kontrolliert werden. In der Regel wird die erforderliche Sicherheit erst durch die sinnvolle Kombination der Schutzmaßnahmen erreicht.

1. Primärer Explosionsschutz
Bildung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre verhindern

Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen zur Vermeidung der Bildung explosionsfähiger Atmosphäre sind primär grundsätzlich Vorkehrungen zu treffen, um Stoffe einzusetzen, die keine explosionsfähige Atmosphäre bilden können, um die betriebsmäßige Bildung von explosionsfähigen Gemischen zu verhindern (oder einzuschränken) und um gefährliche explosionsfähige Gemische gefahrlos zu beseitigen. Dies kann durch Einsatz nicht brennbarer Stoffe durch Verdrängung des Sauerstoffes (Inertisierung im Anlageninneren), bei Emissionsquellen durch Absaugung sowie durch technische und natürliche Lüftung ggf. mit der Überwachung der Brennstoffkonzentration in Betriebsbereichen erfolgen.

Ersatz der brennbaren Stoffe	Flammpunkt	Generell sind alle Stoffe als brennbar anzusehen, die zu einer exothermen Oxidationsreaktion fähig sind. Hierunter fallen einerseits alle Stoffe, die bereits nach der Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP-Verordnung) als entzündbar bzw. leichtentzündbar eingestuft sind. Aber auch alle sonstigen Stoffe und Zubereitungen, die (noch) nicht klassifiziert sind, jedoch die jeweiligen Entzündlichkeitskriterien erfüllen oder generell als entflammbar anzusehen sind, fallen hierunter. Stofftypische Kenngrößen bei Flüssigkeiten ist der Flammpunkt. Der Flammpunkt sinkt (im geschlossenen Behälter) mit fallendem Druck Je höher die Betriebstemperatur der brennbaren Flüssigkeit gegenüber dem Flammpunkt, desto höheres Gefährdungspotential für Wahrscheinlichkeit der Bildung explosionsfähiger Gemische.
Konzentrationsbegrenzung	Untere/obere Explosionsgrenzen: UEG/OEG	Innerhalb dieser Grenzen liegt die Konzentration eines brennbaren Gases/Dampfes im Gemisch mit Luft vor, bei der mittels eines Zündinitials eine selbstständige fortlaufende Verbrennungsreaktion eingeleitet werden kann. - Lineare Abhängigkeit zwischen steigender Gemischtemperatur sinkender UEG ( gilt bis etwa 300 °C): UEG (T) = UEG (bei 25 °C)[1 - 0,0011(T-25)]
Lüftungstechnische Maßnahmen	Lüftungstechnische Einflüsse	Explosionsfähige Gemische können durch lüftungstechnische Maßnahmen gefahrlos beseitigt werden. Die Ausdehnung einer explosionsfähigen Atmosphäre (Gaswolke) und die Dauer ihrer Fortpflanzung kann durch technische und natürliche Lüftung beeinflusst werden. Berechnungsverfahren für Lüftungsmaßnahmen sind in der EN 60079 enthalten.
Inertisierung	Sauerstoffgrenzkonzentration: SGK	Durch die Inertisierung kann in geschlossenen Anlagen durch Zugabe von gasförmigen Inertstoffen der Sauerstoffanteil im brennbaren Gemisch soweit verringert werden, bis die Sauerstoffgrenzkonzentration (SGK) erreicht wird und schließlich der Sauerstoffanteil soweit gesenkt ist, dass keine selbstständige Flammenfortpflanzung mehr möglich ist. Als Inertstoffe kommen vorwiegend Stickstoff, Kohlendioxid in Frage, gelegentlich auch Edelgase und Wasserdampf. SGK-Werte von brennbaren Gemischen sind druck- temperaturabhängig. Verfahren: Freispülen von Apparaten und Behältern Beim Überdruckverfahren (bei Druckgeräten möglich) wird das Inertgas unter Druck eingebracht und anschließend entspannt.
Freiluftaufstellung	Untere/obere Explosionsgrenzen: UEG/OEG	Durch entsprechende hohe natürliche Luftaustauschraten wird die Konzentration eines brennbaren Gases/Dampfes auf ungefährliche Werte gehalten.
Beseitigung von Staubablagerungen	Organisatorische Schutzmaßnahmen	Reinigungspläne bzw. Anweisungen erstellen
Prozessparameter begrenzen	Siedepunkt	Betriebstemperaturen unterhalb des Flammpunktes
Einsatz von Gaswarngeräten	Mobile und/oder stationäre Einrichtungen	Konzentrationen überwachen und gefährliche explosionsfähige Atmosphäre verhindern

2. Sekundärer Explosionsschutz
Zündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre verhindern

Bei sekundären Explosionsschutz werden die eingesetzten Betriebsmittel bzw. Geräte so entworfen, gefertigt und geprüft. dass die vorhandenen potentiellen Zündquellen unwirksam sind. Diese Betriebsmittel bzw. Geräte müssen die sicherheitstechnischen Anforderungen der Richtlinie 2014/34/EU (ATEX Produktrichtlinie) erfüllen.

Potentielle Zündquellen ausschließen unter Anwendung der vier Schutzprinzipien	Eingedrungene explosionsfähige Gemische in Betriebsmittel z.B. elektrische Geräte können gezündet werden. Die Übertragung der im Inneren ablaufenden Explosionen auf den umgebenen Raum wird z. B. durch Kapselung ausgeschlossen.	Sowohl für elektrische Betriebsmittel als auch für nicht-elektrische Betriebsmittel stehen für unterschiedliche Zündschutzarten entsprechende Anwendungsnormen zur Verfügung.
	Das Betriebsmittel besitzt eine Kapselung, die das Eindringen des explosionsfähigen Gemisches und/oder der Kontakt mit den funktionsbedingten möglichen inneren Zündquellen verhindert.	Sowohl für elektrische Betriebsmittel als auch für nicht-elektrische Betriebsmittel stehen für unterschiedliche Zündschutzarten entsprechende Anwendungsnormen zur Verfügung.
	Explosionsfähige Gemische können in das Gehäuse des Betriebsmittels eindringen, dürfen aber nicht gezündet werden. Funken und zündfähige Temperaturen müssen verhindert werden.	Sowohl für elektrische Betriebsmittel als auch für nicht-elektrische Betriebsmittel stehen für unterschiedliche Zündschutzarten entsprechende Anwendungsnormen zur Verfügung.
	Explosionsfähige Gemische können in das Gehäuse des Betriebsmittels eindringen, dürfen aber nicht gezündet werden. Funken und zündfähige Temperaturen dürfen nur begrenzt auftreten.	Sowohl für elektrische Betriebsmittel als auch für nicht-elektrische Betriebsmittel stehen für unterschiedliche Zündschutzarten entsprechende Anwendungsnormen zur Verfügung.
Organisatorische Maßnahmen	Offenen Flammen, Funken und heiße Oberflächen verhindern	- Rauchverbote einführen - Überwachung der Arbeitsumgebung - Instandhaltungen und Wartungsarbeiten Durchführungen - Betriebsanweisungen erstellen - Überwachung der Betriebsparameter - Prüfungen und Kontrollen durchführen - Kennzeichnung von EX-Bereichen - Koordination von Verantwortung - Arbeitsfreigabesysteme - ausreichende Qualifikation der Mitarbeiter

3. Tertiärer Explosionsschutz
Schädliche Auswirkungen einer Explosion abschwächen

Der tertiären Explosionsschutz (auch konstruktiver Explosionsschutz genannt) ist immer dann vorzusehen, wenn eine explosionfähige Atmosphäre betriebsmäßig vorhanden ist (im Inneren von Apparaten) und eine Zündungsausschluss nicht zuverkässig gewährleistet werden kann.Dabei soll durch konstruktive und organisatorischen Maßnahmen die Auswirkungen auf den Menschen minimiert bzw. ausgeschlossen werden, falls es dennoch zu einer Explosion kommt.

Explosionsfeste Bauweise	Explosionsdruckfest	Der Apparat hält den max. erwartenden Explosionsdruck ohne Beeinträchtigung stand. Dies setzt voraus, dass die Auslegung unter Berücksichtigung des entsprechend nach den einschlägigen Regelwerken für Druckbehälter erfolgt. Der Auslegungsdruck ist der max. zu erwartende Explosionsdruck. Auch die angeschlossenen Rohrleitungen und Armaturen müssen im Falle einer Explosion dem auftretenden Druck standhalten. Da in Rohren bei Explosionen 10 bar nicht überschritten werden und bei Detonationen kurzfristige Spitzen von 30 bar auf die Rohrwandung wirken, gelten Rohrleitungen, die für mind. 10 bar ausgelegt sind, als explosionsdruckfest und im Detonationsfall als explosionsdruckstoßfest.
Explosionsfeste Bauweise	Explosionsdruckstoßfest	Der Apparat hält den Druckstoß einer Explosion stand ohne dass er aufreißt und es entsteht keine Flammen- und Druckwirkung nach außen. Der Apparat ist nicht für diesen Druckstoß ausgelegt und die durch erhöhte Beanspruchung (größere Ausnutzung der Materialfestigkeiten) kann es zu bleibenden Verformungen an Beiteilen kommen. Nach einem Druckstoß sind die Bauteile auf Ihre weitere Verwendbarkeit zu prüfen. VDI 2263 Blatt 3: Explosionsdruckstoßfeste Behälter und Apparate
Explosionsdruckentlastung	P max.	Bei der Explosionsdruckentlastung erfolgt bei einer Explosion eine kurzzeitige oder bleibende Öffnung eines ursprünglich geschlossenen Behälters (Apparates), so dass ein Druckentlastung stattfindet. Die druckentlasteten Behälter sind für den reduzierten max. Explosionsdruck P red. max. explosionsfest auszulegen. Die Druckentlastung erfolgt mit Hilfe von Explosionsklappen, Berstscheiben u.a. bei denen das Ansprechverhalten präzise und eindeutig reproduzierbar ist. EN 14994: Schutzysteme zur Druckentlastung bei Gasexplosionen EN 14491: Schutzsystem zur Druckentlastung von Staubexplosionen EN 14797: Einrichtungen zur Explosionsdruckentlastung VDI 3673: Druckentlastung von Staubexplosionen
Explosionsunterdrückung	Eine anlaufende Explosion wird im Entstehungsstadium abgelöscht.	Die Ablöschung muss innerhalb von 20-200 ms (je nach Brenngas) nach der Zündung erfolgen. Anwendung: In Rohrleitungen und in Räumen (V<100m3) Als Löschmittel kommen Löschpulver und Halon zur Anwendung EN 14373: Explosionsunterdrückungssysteme VDI 2263 Blatt 4: Unterdrückung von Staubexplosionen
Verhindern der Flammen- und Explosionsübertragung (Entkopplung)	explosionsfeste Entkopplung	Vermeidung von Sekundärexplosionen und Schutz peripherer Anlagenkomponenten aufgrund von sich in Apparaten und deren Verbindungen (Rohrleitungen) ausbreitenden Explosionen und Detonationen durch Verhinderung des Zünddurchschlages sowie Entkopplung von explosionsfest und nicht explosionsfest ausgeführten Ausrüstungen bzw. Anlagenabschitten. Schutzmaßnahmen zur Verhinderung von Explosionsausbreitung: - Druck- und Flammendedektoren mit nachgeschalteten Absperr- und Löscheinrichtungen - Flammendurchschlagsicherungen EN ISO 16852: Flammendurchschlagsicherungen
Oragnisatorische Maßnahmen	Maßnahmen festlegen, dass durch mögliche Explosionen die Gefahr für	- Fluchtwege - Aufstellung im Freien - Sicherstellung, das bestimmte Anlagenbereiche für Personal nicht zugänglich sind