Verantwortung des Druckgeräteherstellers für die Auswahl der Werkstoffe und die erforderlichen Nachweise
Rev. 1
1. Eignungsbewertung durch den Hersteller
Bei der Konzeption des Druckgerätes hat der Druckgerätehersteller in alleiniger Verantwortung geeignete Werkstoffe auszuwählen. Dabei hat er im Rahmen der Gefahrenanalyse die vorgesehene bestimmungsgemäße Verwendung und die vorgesehene Lebensdauer zu berücksichtigen (hierzu kann er ggf. die Vorgaben und Betriebserfahrungen des Bestellers berücksichtigen). Außerdem muss er bei der Auswahl die allg. Anforderungen an Werkstoffe gemäß Anhang I, insbesondere Abschnitt 4 und 7.5 der Druckgeräterichtlinie 97/23/EG, berücksichtigen.
Im Wesentlichen sind für die Eignungsbewertung nachstehende Kriterien zu beachten:
- ausreichende Duktiliät
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Mindestanforderungen:
Bruchdehnung mind. 14 % und Kerbschlagarbeit 27 J (bei 20°C bzw. der tiefsten vorgesehenen Betriebstemperatur)
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- Sprödbruchfest
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Es darf bei den vorgesehenen Einsatzbedingungen nicht zu einem Sprödbruch kommen. Falls aus bestimmten Gründen spröde Werkstoffe verwendet werden müssen, sind geeignete Maßnahmen zu treffen z. B. Wärmebehandlung.
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- chemische Beständigkeit
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Die für die Betriebssicherheit relevanten chemischen und physikalischen Eigenschaften der Werkstoffe dürfen durch die vorgesehenen Fluide über die gesamte Lebensdauer nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Korrosion, Spannungsrisskorrosion, Wasserstoffinduzierte Risse usw.)
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- alterungsbeständig
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Der vorgesehene Werkstoff darf, ggf. unter Berücksichtigung der Einsatzbedingungen und der Verarbeitung, durch Alterung nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
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Der Werkstoff muss für die vorgesehene Verarbeitung z. B. schweißen, verformen geeignet sein und ggf. sind Beinträchtigungen durch entsprechende Maßnahmen z. B. Wärmebehandlung zu eleminieren.
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- Eignung für den Einsatz zusammen mit einem anderen Werkstoff
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Der Werkstoff muss für die Werkstoffkombination geeignet sein (Schweißbarkeit, unterschiedliche Wärmeausdehnung, Korrosion usw.).
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- Kennwerte für die Berechnung
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Die für die Berechnung erforderlichen Kennwerte bei entsprechenden Einsatztemperaturen z. B. Streckgrenze, 0,2 bzw. 1,0%-Dehngrenze, Zeitstandfestigkeit, E-Modul, Dauerschwingfestigkeit, Kerbschlagzähigkeit müssen vorliegen oder sind vom Hersteller zu bestimmen.
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2. Zulassungsverfahren für Werkstoffe
Werkstoffe, die für Druckgeräte verwendet werden, müssen hierfür zugelassen sein. Hierfür stehen eine von drei Verfahren zur Verfügung:
- Anwendung einer harmonisierten Norm,
- die Europäische Werkstoffzulassung (EAM = European Approval of Material) und
- das Einzelgutachten (PMA = Particular Material Appraisal).
2.1 Harmonisierte Norm
Eine harmonisierte Werkstoffnorm wird ist ein Norm, die meist im Auftrag der Europäischen Kommission von der europäischen Normenorganisation CEN erstellt wurde (Erteilung eines Mandats) und die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde. Die harmonisierte Werkstoffnorm (und auch die Europäische Werkstoffzulassung) beschreibt die Werkstoffeigenschaften gewährleistet lediglich, dass die technischen Daten der in ihr genannten Werkstoffe mit den grundlegenden Sicherheitsanforderungen übereinstimmen. Damit ist nichts über die Eignung dieser Werkstoffe für ein bestimmtes Druckgerät ausgesagt. Diese muss durch den Druckgerätehersteller erfolgen (siehe Punkt 1). Nachfolgende Fertigungsprozesse die die Eigenschaften des Werkstoffes beeinflussen wie Schweißen, Umformen, Wärmebehandlungen sind bei der Bewertung hinsichtlich der Eignung und den Anforderungen an die DGRL, zu berücksichtigen.
2.2 Die Europäische Werkstoffzulassung (EAM)
Die Europäische Werkstoffzulassung gem. Artikel 1, Nr. 14 der DGRL ist ein technisches Dokument, in dem die Merkmale von Werkstoffen festgelegt sind, die für eine wiederholte Verwendung zur Herstellung von Druckgeräten bestimmt sind. Dieses Zulassungsverfahren gem. Artikel 15 der DGRL ist für Werkstoffe bestimmt, die nicht in einer harmonisierten Norm geregelt sind. Auf Antrag eines oder mehrerer Werkstoff- oder Druckgerätehersteller wird die die Europäische Werkstoffzulassung durch dafür zugelassene benannte Stellen durchgeführt. Mit diesem Verfahren wird die Übereinstimmung des beantragten Werkstoffes mit den Anforderungen der DGRL bestätigt. Eine erteilte Zulassung ist nicht auf einen Werkstoffhersteller beschränkt. Ähnlich wie bei der harmonisierten Norm muss der Druckgerätehersteller die jeweilige Eignung des Werkstoffes für den speziellen Anwendungsfall im Rahmen der Gafahrenanalyse beurteilen.
Die Europäische Kommission veröffentlicht eine Liste aller Europäischen Werkstoffzulassungen
2.3 Das Einzelgutachten (PMA)
Das Einzelgutachten für Druckgeräte der Kategorie III und IV wird auf Antrag des Drukgeräteherstellers von der benannten Stelle durchgeführt, die auch im Konformitätsbewertungsverfahren des Druckgerätes beteiligt ist. Insofern kann man dann auch die Eignung des Werkstoffes für das relevante Druckgerät voraussetzen bzw. mit beurteilen. Die Durchführung eines Einzelgutachten im Auftrag des Werkstoffherstellers ist nicht zulässig. Für Druckgeräte der Kategorie I und II ist ein Einzelgutachten nicht unbedingt durch eine benannte Stelle durchzuführen. d. h. der Hersteller kann die Begutachtung selber durchführen. Einzelgutachten gelten immer nur für den jeweils begutachteten Werkstoff und den konkreten Anwendungsfall (Druckgerät). Eine Leitfaden zum Einzelgutachten einschließlich Angaben über den Inhalt enhält das Dokument PE-03-28.
3. Anforderungen festlegen und Qualität sicherstellen
Der Hersteller des Druckgerätes hat die (Beschaffungs-) Anforderungen seiner von ihm ausgewählten Werkstoffe festzulegen. Dies kann er durch Verweis auf eine Spezifikation (z. B. Norm, harmonisierte Norm, Europäische Werkstoffzulassung) und/oder auf andere Art und Weise (z. B. spezifizierte Angaben in der Bestellung). Selbst bei Anwendung einer harmonisierten Norm können zusätzliche Anforderungen in Bezug auf Prüfungen und/oder Wärmebehandlungen, Kennzeichnungen usw. erforderlich sein. Der Druckgerätehersteller hat geeignete (qualitätssichernde) Maßnahmen festzulegen bzw. zu ergreifen, dass der Werkstoff den vorgegebenen (Bestell-)Anforderungen auch tatsächlich entspricht z. B. durch Auswahl geeigneter Hersteller, Abnahmen und Prüfungen beim Hersteller durch ihm selbst, durch von ihm Beauftragte oder vom Werkstoffhersteller. Dies schließt auch die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit mit ein z. B. Übertragung der Kennzeichnung bei Händlern. Darüber hinaus muss er Sorge tragen, dass der Werkstoffhersteller die Übereinstimmung mit den gestellten Anforderungen bescheinigt und ihm zur Verfügung stellt. Die Art der Prüfbescheinigung hat er gemäß nebenstehender Übersicht festzulegen und beim Werkstoffhersteller einzufordern.
Siehe auch:
[1] Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU
[2] Leitlinien zur DGRL
[3] DRUCKGERÄTE ONLINE (https://www.druckgeraete-online.de)
[4] Verfahren der Europäischen Werkstoffzulassung
[5] Liste der Europäischen Werkstoffzulassungen (EAM)
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