1. ASME Code
Der ASME-Code ist weltweit das am häufigsten angewendete Regelwerk für den Bau von Dampfkesseln (Section I) und unbefeuerten Druckbehältern (Section VIII Div. 1 und Div. 2). Als geschlossenes Regelwerk enthält er auch die Werkstoffspezifikationen (Section II Part A), die im Wesentlichen von den ASTM-Spezifikationen übernommen werden bzw. auf die im Code mit dem jeweiligen Ausgabedatum referenziert wird. So wird in der ASME Code Ausgabe 2004 z. B. in der Spezifikation ASME SA-516 auf ASTM A-516 Ausgabe 1990 verwiesen. Es können auch in der ASME Spezifikationen gegenüber der ASTM-Spezifikation Einschränkungen vorhanden sein. Dies ist ggf. zu beachten.
Es ist zu beachten, dass nicht alle in ASME Code Sect. IIA (Werkstoffe) enthaltenen Werkstoffspezifikationen zugelassenen sind für drucktragende Bauteile. Im entsprechenden Anwendungsteil ( z. B. Section I oder Section VIII Div. 1) sind die zugelassenen Werkstoffe mit deren Spezifikationen aufgeführt, die für drucktragende Bauteile verwendet werden dürfen z. B. Tabelle UCS-23 in Section Viii Div. 1 für unlegierte und legierte Stähle. Außerdem müssen in Section II Part D für die vorgesehenen Werkstoffe entsprechende Berechnungskennwerte für den jeweiligen Anwendungsteil und der vorgesehenen Anwendungstemperatur vorliegen. Sie werden vom zuständigen ASME Kommittee nach vorgegebenen Kriterien festgelegt. Typisch für diesen angegebenen Werte ist, dass sie meist unabhängig von der Wandstärke, von tieferen Temperaturen bis recht hohen Temperaturen konstant sind und nur am Ende (hohe Temperaturen) dann erst abfallen.
Der ASME Code sieht für Dampfkessel (Section I) keine und für unbefeuerte Druckbehälter (Section VIII Div.1) nur für bestimmte Anwendungsfälle Zähigkeitsnachweise von Werkstoffen vor. Dabei berücksichtigt der ASME Code die Sprödbruchneigung nur bei bestimmten Voraussetzungen wie große Wanddicken, hochfeste Stähle, tiefe Einsatztemperaturen. Hierzu sind die Auschlüsse nach UG-20 sowie die Bestimmungen in UCS-66 (Werkstoff, "minimum design metal temperatur" -MDMT,) zu berücksichtigen.
2. Besonderheiten der ASME Spezifikationen
Die ASME Werkstoffspezifikationen enthalten in der Regel keinen Warmzugversuch, so dass bei höherem Temperatureinsatz kein entsprechender Nachweis über die Warmsteckgrenze vorliegt. Dies ergibt sich aus dem Ansatz des ASME Code, der für die Werkstoffe Berechnungskennwerte (zul. Spannungen) in Sect II Part verbindlich für die jeweiligen Anwendungstemperaturen auflistet (siehe oben). Somit ist der werkstoffspezifische Abfall der Streckgrenze mit steigender Temperatur nicht durch entsprechende Prüfungen nachzuweisen. Der Hersteller kann jedoch über die in der Spezifikation enthaltenen "Supplementary Requirements" Zusatzvereinbarungen treffen, die den Nachweis einer Warmstreckgrenze ermöglichen.
Für den Nachweis der Zähigkeit enthalten die Spezifikationen in der Regel keine Forderungen. Sollten sich aus bestimmten Gründen ein Nachweis erforderlich sein (sieh oben), so kann auch hier über die in den Spezifikationen enthaltenen "Supplementary Requirements" der Nachweis zwischen dem Besteller und dem Werkstoffhersteller vereinbart werden. Die Prüftemperatur und ggf. die Probenlage ist anzugeben. Die Prüftemperatur liegt in der Regel unterhalb der "minimum design metal temperatur" MDMT.
3. Werkstoffanforderungen aus der DGRL.
Die Anforderungen an Werkstoffen sind in der Druckgeräterichtlinie im Anhang I Abs. 4 sowie in Abs. 7.5 enthalten. Für den Nachweis der Eignung stehen die drei möglichen Verfahren: Anwendung einer harmonisierten Norm, eine Europäische Werkstoffzulassung sowie ein Einzelgutachten. Das meist gebräuchliche Verfahren ist die Anwendung einer harmonisierten Norm wie z. B. EN 10028-2:1992. Der Hersteller kann dann davon ausgehen, dass damit, in Bezug auf die darin enthaltenen technischen Daten, die grundlegenden Sicherheitsanforderungen des Anhang I der DGRL erfüllt sind. Der Hersteller muss zusätzlich die Eignung des ausgewählten Werkstoffes in Bezug auf den vorgesehenen Einsatzzweck (Fluid, Temperatur usw.) überprüfen und bewerten. Demanch können unter Berücksichtigung der Forderungen des Anhang I Abs. 7.5 der DGRL die Werkstoffe auch für tiefere Temperaturen eingesetzt werden als die in der Werkstoffnorm vorgesehene Prüftemperatur, wenn die entsprechende Nachweise über die Zähigkeit bei der tiefsten vorgesehenen Temperatur erbracht werden.
4. Probleme und Maßnahmen bei Anwendung von ASME-Werkstoffen
ASME Spezifikationen sind keine harmonisierte Normen im Sinne der DGRL und somit ist die Eignung der ASME-Werkstoffe in Überstimmung mit der DGRL über ein Einzelgutachten nachzuweisen. Die aus der DGRL gestellte Forderungen nach einer ausreichenden Zähigkeit nach Anhang I Abs. 4.1a (siehe auch Leitlinie 7/17) können durch fehlende oder unzureichende Nachweise der Zähigkeit durch ASME -Werkstoffe nicht erfüllt werden. Der Hersteller hat aber die Möglichkeit bei der Bestellung fehlende Nachweise, wie Nachweis der Streckgrenze bei höheren Temperaturen oder Nachweis der Kerbschlagzähigkeit bei bestimmten Prüftemperaturen zu berücksichtigen und diese Prüfergebnisse im Rahmen des Einzelgutachtens (bei Druckgeräte der Kategorie III und IV durch eine benannte Stelle) bewerten zu lassen. Die Anforderungen der DGRL für die Werkstoffhersteller (zertifiziertes QS-System für die Ausstellung einer Abnahmeprüfbescheinigung 3.1 EN 10204) sind bei der Bestellung zu beachten, insbesondere deshalb, da diese Forderungen der ASME Code nicht stellt. Alternativ kann jedoch der Nachweis über ein Abnahmeprüfzeugnis 3.2 durch den Druckgerätehersteller spezifiziert werden und/oder dies im Rahmen des Einzelgutachtes durch die benannt Stelle abzuwickeln.